Geschichte

Die Vereinschronik

Anlässlich der Renovierung des Kirchturms der Kerspenhäuser Kirche im Jahre 1979 bekam der 1.Vorsitzende des Schützenvereins, Adolf Deiseroth, die Anregung, die bereits in der Turmkuppel seit Generationen aufbewahrte und von Zeit zu Zeit fortgeschriebene Dorfchronik um die Geschichte des Schützenvereins Kerspenhausen zu erweitern.

Der Schützenverein Kerspenhausen wurde am 7.August 1921 gegründet. Er ging aus dem um die Jahrhundertwende gegründetem Kraft-Sport-Verein Kerspenhausen hervor. Jener Kraftsportverein betrieb neben dem Schießsport schwerpunktmäßig die Körperertüchtigung, die offenbar auf die bevorstehende soldatische Ausbildung der jungen Männer abzielte. Scheinbar brachte der verlorene 1.Weltkrieg eine Wende im Selbstverständnis des bestehenden Kraftsportvereins.

Seit dem Jahre 1921 stand nur noch der Schiesssport im Mittelpunkt des Vereinsgeschehens. Das hatte zur Folge, dass der Verein in jenem Jahr auch seinen Vereinsnamen änderte. Fortan nannten sich die früheren „Kraftsportler“ „Schützenverein Kerspenhausen“.

Folgende Mitglieder wurden in jenem Jahr genannt:
Georg Fuchs (Vorstand), Johannes Roos (Kassierer), Jakob Völker, Paul Völker, Georg Völker, Heinrich Pfaff, Jakob Thamer, Jakob Rössing, Johannes Rössing (stellv. Vorstand), Adam Maul (Schriftführer), Valentin Deiseroth, Heinrich Schäfer, Johannes Schmermund, Konrad Bätz, Georg Nußbaum, Heinrich Deiseroth, Jakob Rohrbach, Johannes Schütrumpf, Jakob Kippen, Heinrich Thamer, Jakob Grenzebach.

Das Großkaliberschießen mit sogenannten Scheibenbüchsen erforderte die Errichtung eines Schießstandes. In mühevoller Vereinsarbeit erbauten die Kerspenhäuser Schützen einen 100 Meter Schießstand im „Roten Graben“, im Volksmund „Klinker Hohl“ genannt. Die Aufzeichungen aus diesem Jahren verzeichnen eine Rege Vereins- und Schießtätigkeit. Nicht der heute übliche Mannschaftswettkampf stand im Vordergrund, sondern das Preisschießen.

Der Schützenverein Kerspenhausen schloss sich dem bis ins Oberhessische reichenden „Schützenbund Hessentreu“ an. Hervorzuheben aus dieser Zeit ist Schützenbruder Heinrich Deiseroth. Er wurde im Jahre 1927 Bundesschützenkönig des Schützenbundes „Hessentreu“.

Der langjährige Vereinsvorsitzende Georg Fuchs wurde vor dem 2.Weltkrieg durch Heinrich Deiseroth abgelöst. Mit Beginn dieses Krieges nahm die rege Vereinstätigkeit ein abruptes Ende, weil die Umstände kein geordnetes Vereinsleben mehr zuließen.

Nach der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches im Jahre 1945 sahen sich die Alliierten veranlasst, jeglichen Schießsport in Deutschland zu verbieten. Das hatte zur Folge, dass aus Angst vor alliierter Kontrolle alle Gewehre und Unterlagen vernichtet wurden.

Es dauerte bis zum Jahre 1961, bis durch die Initiative von Heinrich Brehm der Schützenverein
unter der seinem Vorsitz neu gegründet wurde. Das Luftgewehrschießen im Vereinslokal Dörr war die Hauptwettkampfart. Bereits nach einem Jahr schied Heinrich Brehm als 1.Vorsitzender aus. Sein Nachfolger wurde bis auf den heutigen Tag- Adolf Deiseroth.

Gemeinsam mit anderen Hauptaktiven ging man daran, den alten Schießstand im „Roten Graben“ für
das Kleinkaliberschießen neu anzulegen. Bereits am 15.9.1962 konnte der Stand nach polizeilicher Abnahme zum Schießen freigegeben werden. Der Verein gehörte fortan dem Schießkreis Hersfeld an. Letzterer ist Mitglied im Hessichen Schützenverband, der wiederum ein Gliederverband des Deutschen Schützenbundes ist. Diese Mitgliedschaft erfordert die Teilnahme von Mannschaften an Wettbewerbschießen auf Kreisebene.

Das Jahr 1971 brachte für die Vereinsgeschichte einen Höhepunkt. Die 50 Jahrfeier des Schützenvereins Kerspenhausen wurde mit dem 29.Kreisschützenfest des Schießkreises Hersfeld am 3. + 4. Juli 1971 in einem
großen Stahlzelt neben dem Sportplatz gefeiert.

Die noch lebenden Gründungsmitglieder wurden eingeladen und der im Verein noch mitwirkende Heinrich Deiseroth für 50jährige treue Mitgliedschaft mit der goldenen Ehrennadel des Hessischen Schützenverbandes ausgezeichnet. Gleichzeitig wurde ihm die Ehrenmitgliedschaft übertragen. Auch die örtlichen Vereine und die benachbarten Schützenvereine nahmen an dem Festkommerz teil. Am Sonntagmorgen des 4.Juli fand am Ehrenmal die Totenehrung statt. Ein großer Festzug mit über 30 Gastvereinen und 3 Spielmannszügen bewegte sich am Sonntagnachmittag durch das mit Girlanden und Fahnen geschmückte Kerspenhausen. Die Siegerehrung des Landratspokalschießens, das am Sonntag vorher auf hiesigem Kleinkaliberstand ausgeschossen wurde, nahm Herr Landrat Bährens vor. Bester Einzelschütze wurde das Kerspenhäuser Vereinsmitglied Richard Bätz. Der Nachmittag stand ganz im Zeichen ausgelassener Fröhlichkeit und Geselligkeit bei Tanz und Volksbelustigung.

Durch den intensiven Einsatz aller Vereinsmitglieder und deren Ehefrauen bei Durchführung Bewirtschaftung war das Jubiläumsfest für den Verein auch ein finanzieller Erfolg. Daher war es möglich, dass mit einer großzügigen Erweiterung des Schützenhauses im darauffolgenden Frühjahr 1972 begonnen werden konnte. Bereits im Herbst desselben Jahres konnte das schmücke Vereinsheim aufgrund unermüdlichen Einsatzes aller Mitglieder bezogen werden.

Im selben Jahr wurde der Verein ins Vereinsregister beim Amtsgericht aufgenommen. Es stehen seither 6 automatische 10 Meter Luftgewehrstände zur Verfügung. Der sich an das Schützenhaus anschließende Kleinkaliberstand wurde im Laufe der folgenden Jahre so hergerichtet, dass anno 1979 4 automatische 50 Meter Seilzuganlagen für den Kleinkaliberwettbewerb zur Verfügung stehen. Geschossen wird gemäß den Vorschriften des Deutschen Schützenbundes auf 10er Ringscheiben: Luftgewehr stehend freihand und Kleinkaliber Dreistellungskampf (liegend, stehend, kniend).

Traditionsgemäß findet alljährlich in der ersten oder zweiten Septemberwoche das Königschießen statt. Das Königsschießen stellt neben dem sportlichen auch den alljährlichen kulturellen Höhepunkt des Vereinslebens dar. Alle Vereinsmitglieder nehmen an der feierlichen Königsproklamation teil.
Die jeweilige vorjährige Königsfamilie (König und die 2 Ritter) übernehmen das Zubereiten und
servieren eines schmackhaften Festmahles. 

Folgende Schützen errangen bereits die Königswürde:
1961: Jakob Glebe; 1962: Jakob Glebe; 1963: Eduard Tatarschuk; 1964: Jakob Glebe; 1965: Helmut Bätz; 1966: Adolf Deiseroth; 1967: Karl Ickler; 1968: Jakob Glebe; 1969: Helmut Bätz; 1970: Wilfried Poppe; 1971: Rodolf Scholz; 1972: Richard Bätz; 1973: Helmut Bätz; 1974: Hans-Helmut Ackermann; 1975: Heinrich Thamer; 1976: Adolf Deiseroth; 1977: Helmut Bätz; 1978: Hans-Helmut Ackermann; 1979: Gerd Glebe.

Der Verein zeichnet sich durch eine rege Vereinstätigkeit aus. Alle vom Schießkreis ausgeschriebenen Wettkämpfe, ob Luftgewehr oder Kleinkaliber werden von den Kerspenhäuser Schützen wahrgenommen.
(2 Mannschaften Luftgewehr, 1 Mannschaft Kleinkaliber)

Besonders den Jugendschützen werden große Möglichkeiten schießsportlicher Betätigung geboten.
Durch das Angebot des wöchentlichen Übungsschießen und der Teilnahme an Jugendschießwettbewerben des Kreises sind in den letzten Jahren eine ganze Anzahl jugendlicher Mitglieder zu dem Verein gestoßen. Diese Mitgliederentwicklung bietet Gewähr dafür, dass in Zukunft das Vereinsleben im vereinseigenem Schützenhaus intensiv weiter besteht. 

Neben der schießsportlichen Betätigung wird dem geselligen und kameradschaftlichen Zusammensein große Bedeutung zugemessen. Die fröhlichen Stunden des Zusammensitzens nach dem Übungsschießen und Wettkämpfen bieten so manchen Schützen den willkommenen Ausgleich für die Hektik und Betriebsamkeit des Alltags. Es ist nicht übertrieben festzustellen, dass die Kerspenhäuser Schützen alljährlich auf dem Kreisschützenfest und den Jubiläumsfesten der befreundeten Vereine in ihren schmucken grünen Uniformröcken mit den anderen Schützenvereinen eine unübersehbare Werbung für den Schützensport ausstrahlen. Diese grüne Farbe der Schützen, die das grüne Band der Freundschaft und Verbundenheit darstellt, ist zweifelsfrei eine Bereicherung für das heimische Vereinsleben. 

Folgende Schützen gehören im Jahre 1979 dem Vorstand an:
Adolf Deiseroth, 1.Vorsitzender
Helmut Bätz, 2.Vorsitzender
Karl-Georg Gutberlet, Schriftführer
Gerd Glebe, Kassierer
Wilfried Poppe, 1.Schießmeister
Gerhard Möller, 2.Schießmeister
Rudolf Scholz, Jugendleiter

Weitere Mitglieder des Vereins sind:
Hans-Helmut Ackermann, Gerhard Armonies, Harald Brandau, Burkhardt Deiseroth, Hans Dörr, Karl Eichler, Hermann Euler, Nobert Eydt, Armin Freisinger, Hartmut Freisinger, Jakob Glebe, Karl Gottbehüt, Rudi Götze, Jürgen Heil, Werner Heil, Klaus Heußner, Werner Heußner, Ilke Hofmann, Birgitt Hofsommer, Karl Ickler, Jochen Kohlhase, Heinrich Maiwald, Dietmar Neumann, Armin Pfaff, Roland Pichl, Rudi Reimer, Heinrich Roos, Manfred Römer, Holger Rößing, Heinrich Schäfer, Thomas Schäfer, Karin Scheiblich, Nobert Schmidt, Harald Scholz, Günter Spahn, Roland Stöcklein, Heinrich Thamer, Jürgen Weber, Bernd Weiffenbach.

Möge sich die Nachwelt von dieser Niederschrift ein Bild darüber machen, wie das Vereinsleben in früherer Zeit ausgesehen hat.
Jenes Vereinsleben hat, das sei Ihnen im Nachhinein gesagt, mit dazu beigetragen, die Freundschaft, die Kameradschaft und den Idealismus zu fördern. Ohne diese drei menschlichen Tugenden ist ein menschliches Miteinander undenkbar!

Kerspenhausen, den 23.9.1979

Inhaltlich zusammengetragen von:
Adolf Deiseroth
Helmut Bätz

Formuliert und geschrieben von:
Heiner Hofsommer

Die Fortsetzung

Ehrenvoll dürfen wir anlässlich des 100-jährigen Vereinsjubiläums die im Jahre 1979 verfasste Chronik nun bis in das Jahr 2021 fortführen.

Die Ära unter dem damaligen Vorsitzenden Adolf Deiseroth wärte bis in das Jahr 1988. Nach 25 Jahren übergab er das Amt an Klaus Heußner und wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

1992 wurde das Vereinsheim um einen weiteren Anbau erweitert, den heutigen Wirtschaftsraum samt Theke und Kühlung, Küche, Bestuhlung und 3 sanitären Räumen. Zudem wurde dieser so geplant, dass der gepflasterte Freisitz vor dem Neubau mit einem maßgeschneiderten Zeltanbau versehen werden kann. Große Festivitäten von bis zu 140 Personen wie Hochzeiten, Geburtstage, Sommerfeste und andere fanden fortan in dem Vereinsheim statt.

Renovierungen bleiben bei einem eigenen Heim natürlich nie erspart. Im Jahr 2006, 10 Jahre nachdem der Verein sein 75-jähriges Jubiläum gefeiert hatte, wurde der Kleinkaliberstand in kurzer Zeit mit neuem Fußboden, Wandputz, einer Trennwand und elektrischen Rollläden modernisiert. Zudem wurde dieser, sowie der Luftgewehrstand mit einem neuen Dach eingedeckt.

Einen weiteren Meilenstein an Modernisierung konnte der Verein in seinem Jubiläumsjahr verwirklichen. Der Luftgewehrstand wurde renoviert und die 6 Scheibenseilzuganlagen durch 6 moderne elektronische Schießstände ersetzt.

Das Vereinsleben und die Kameradschaft wurden über all die Jahre weiterhin gepflegt. Man veranstaltete Fahrten z.B. in das Fichtelgebirge, veranstaltete Freundschaftsschießen, nahm an den Festen und Bällen des Schützenkreises bzw. später Schützenbezirks Hersfeld teil oder öffnete die Türen für die Bürgerinnen und Bürger für Preis- und Pokalschießen sowie für einen nun schon traditionellen Weihnachtsbaumverkauf.

Sportlich konnte sich der Verein in den letzten Jahrzehnten ebenfalls weiter entwickeln. Auch wenn man die Sparte des Team-Schießen aufgeben musste, so konnte man neben dem Luftgewehr- und Kleinkaliber-Gewehr-Schießen auch wieder Luftpistole- und Sportpistole -Mannschaften bei den Rundenwettkämpfen und Meisterschaften melden. Ebenso fanden sich Senioren im Verein, die an den vom Verband geschaffen Auflagedisziplinen teilnahmen und im Nachwuchsbereich konnte der Verein durch die Anschaffung einer Lichtschießanlage auch Kinder ab 6 Jahre für den Schießsport begeistern.

Ein Höhepunkt war hierbei unter anderem der Aufstieg der Luftpistolenmannschaft in die Oberliga Nord des hessischen Schützenverband im Mannschaftsbereich bei den Rundenwettkämpfen.

Bei den Königsproklamationen des Kreises bzw. des Bezirks feierte der Verein bislang mit Gerhard Möller und Rudolf Scholz zwei Könige und mit Luisa Scholz eine Jugendkönigin. Sven Heußner wurde zudem einmal Gaujugendkönig des Gau 3 Schwalm-Knüll. Weitere Ritter- und Prinzessinenwürden errangen unter anderem Gerd Glebe, Rudolf Scholz, Jan Heußner, Sven Heußner, Dorothea Heil, Kevin Sauerstein, Nele Fuchs und Luisa Scholz.

Und auch bei den Jahrgangschießen und Meisterschaften konnte man große Erfolge verbuchen. So errang man nicht nur viele Titel und Podestplätze auf der Bezirksebene. Bei den Jahrgangschießen Luftgewehr und Luftpistole konnten mit Jan Heußner, Luisa Scholz, Henri Bätz, Florian Reschke und Lukas Seibicke Goldmedaillen auf Hessenebene errungen werden.

Und bei Meisterschaften gab es bisher mit Ben Spangenberg Bronze (in der Disziplin Luftpistole Mehrkampf Schülerklasse) sowie den größten Erfolg mit einer Goldmedaille zu feiern. Diese gewann 2016 Cornelia Kaufmann in der Damenklasse Luftpistole.

Ein Jahr zuvor trug auch die gute Jugendarbeit ihre Früchte bis zu den Deutschen Meisterschaften. 2015 starte zum ersten Mal überhaupt mit Philipp Zirpel ein Kerspenhäuser in München, nachdem er die benötigte Ringzahl hierfür in der Disziplin Kleinkaliber-Sportgewehr in der Juniorenklasse erreicht hatte.

In den folgenden Jahren konnte man sich über weitere Starts auf Bundesebene freuen. 2016 fuhren Klaus Heußner (Senioren Luftgewehr Auflage) und Sven Heußner (Herrenklasse Luftgewehr) nach Dortmund und nach München. Im Jahr 2017 wiederholte Klaus Heußner seinen Erfolg und fuhr erneut zur Deutschen Meisterschaft nach Dortmund. Mit Florian Reschke 2019 (Schülerklasse Luftgewehr) schaffte es ein weiterer Nachwuchsschütze nach München. Und die bislang größte Teilnehmerzahl fuhr im Jahr 2021 nach München. Mit Henri Bätz, Florian Reschke, Kira Sippel, Sophia Link und Hendrik Gutberlet schafften es gleich 5 Nachwuchsschützen den Verein auf höchster Ebene zu vertreten.

Im Jahr 2022 gab es nach 34 Jahren Amtszeit einen Führungswechsel. Klaus Heußner übergab das Zepter als 1. Vorsitzenden an Jan Heußner, der zuvor 2. Vorsitzender war. Und mit Philipp Zirpel als 2. Vorsitzenden übernehmen jetzt zwei ehemalige Jungschützen die Führung des Vereins. Groß geworden im Verein und mit dem Wissen, dass die Tugenden von damals auch heute noch wichtig sind, wird der Verein sicher in eine gute Zukunft gehen. Denn nur mit der Jugend von heute, die später die Zukunft sein wird, mit Kameradschaft, Zusammenhalt, Verbundenheit, Vertrauen, Ehrlichkeit und Engagement kann ein Verein weiter bestehen und sich entwickeln. Dies werden wir auch weiterhin pflegen, genau wie die Traditionen, die uns unsere Gründungsväter überliefert haben und werden sie an die nächsten Generationen weitergeben.

Kerspenhausen im Juni 2022

Zusammengetragen von Klaus und Sven Heußner
Geschrieben von Sven Heußner